Der Fachkräftemangel wird in Kindertagesstätten zum immer größeren Problem: Nach Prognosen von Wirtschaftsforschungsinstituten wie Prognos oder der Bertelsmann Stiftung werden bis 2030, je nach Szenario, 199.000 Fachkräfte und mehr in deutschen Kindertageseinrichtungen fehlen. Einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs könnten Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger leisten. Doch Menschen mit fachfremden Berufsabschlüssen müssen für eine Tätigkeit in Kindertageseinrichtungen vergleichsweise hohe Auflagen erfüllen. Anders als in Beschäftigungsfeldern wie dem Groß- und Einzelhandel oder dem Tourismus sind Beschäftigungsmöglichkeiten in Kindertageseinrichtungen stark reglementiert. Den Weg eines Quereinstiegs in einen reglementierten Bereich zeigen wir am Beispiel von Kindertageseinrichtungen auf: welche Berufsbilder in Kindertageseinrichtungen üblich sind, welche Qualifikation es für einen Quereinstieg braucht und welche Wege dafür offenstehen.
Staatlich anerkannte Erzieher*innen waren mit fast zwei Dritteln des gesamten Personals 2021 die größte Beschäftigtengruppe in den Kindertagesstätten Deutschlands, gefolgt von Kinderpfleger*innen mit einem Zehntel.
Nur 2 Prozent bzw. 16.000 Beschäftigte in deutschen Kindertageseinrichtungen hatten 2021 keine akademische oder berufliche Ausbildung. Dazu zählen auch Personen, die in dem Zeitraum ein Freiwilliges Soziales Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst (10.300 Personen) oder ein Praktikum gemacht haben.
Über die vergangenen Jahre sind die Qualifikationen in den Kita-Teams vielfältiger geworden. Heilerziehungspfleger*innen, Heilpädagog*innen, akademisch qualifiziertes Personal (z. B. mit Abschluss Sozialpädagogik, Erziehungswissenschaft) und Personal aus Gesundheitsberufen (z. B. Kinderkrankenpfleger*innen, Psycholog*innen) haben die Teams verstärkt (s. Grafik). Damit lässt sich auch ein Trend zu höheren Qualifikationen in Kindertageseinrichtungen beobachten.
Teams in Kindertageseinrichtungen, die sich rein aus Erziehern*innen zusammensetzen sowie Teams, die sich nur aus Erzieher*innen und Kinderpfleger*innen zusammensetzen, machten noch im Jahr 2007 61 Prozent aller Teams in deutschen Kindertageseinrichtungen aus. Neun Jahre später, im Jahr 2016 war der Anteil dieser Teams auf 43 Prozent gesunken.
Die Voraussetzungen für pädagogische Tätigkeiten in einer Kindertageseinrichtung legen die Bundesländer fest. Für Personen mit fachfremder Qualifikation oder ohne Qualifikation ist der Quereinstieg im gesamten Bundesgebiet praktisch kaum möglich (BMBFSFJ 2021). Die von den Ländern zugelassenen Berufsbilder wie Erzieher*in, Kinderpfleger*in, Sozialassistent*in, Heilerziehungspfleger*in, Heilpädagog*in setzen eine mehrjährige schulische Ausbildung voraus und akademische Berufsbilder ein einschlägiges Studium. Nur wer eine Ausbildung in einem verwandten Berufsbild hat, etwa in der Kinderkrankenpflege, kann in einigen Ländern durch eine Zusatzqualifizierung die notwendigen Voraussetzungen für eine Tätigkeit in einer Kindertageseinrichtung erfüllen (Weimann-Sandig et al. 2016). In der Regel ist für einen Quereinstieg bei einer Kindertageseinrichtung ein mehrjähriger, einschlägiger beruflicher Abschluss auf Fachschulniveau die Voraussetzung. Die Hürden sind also hoch.
Gleichzeitig werden Landesregulierungen vor dem Hintergrund des bestehenden Fachkräftebedarfs mit Blick auf die Anforderungen geprüft und teilweise angepasst, um Zugangswege in Kindertagesstätten zu erleichtern.
Auch für die Qualifizierungswege sind die Bundesländer zuständig. Sie legen die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen der verschiedenen Berufe fest. Um Ausbildungen attraktiver zu gestalten und damit die Fachkräftegewinnung zu unterstützen, haben viele Länder ihre Ausbildungs- und Prüfungsordnungen überarbeitet. Dabei wurden zum einen die Möglichkeiten weiterentwickelt, relevante fachliche Kenntnisse oder relevante berufliche Erfahrungen in der Ausbildung anerkennen zu lassen und damit die Ausbildungszeit zu verkürzen (Grigc et al. 2018).
Zum anderen wurden die gängigen vollzeitschulischen Ausbildungsgänge vermehrt auch um Varianten ergänzt, die die Ausbildung für Quereinsteiger/-innen, männliche Bewerber und weitere Gruppen zugänglicher machen soll (Grigc et al. 2018). Zu diesen alternativen Varianten, die zu einem Ausbildungsabschluss führen, gehören die Externenprüfung, die Teilzeitausbildung und die praxisintegrierte Ausbildung.
Externenprüfung | Teilzeitausbildung | Praxisintegrierte Ausbildung | |
Format |
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Voraussetzung |
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Quelle: Weimann-Sandig et al. 2016, Grigc et al. 2018, BMBFSFJ 2021; eigene Darstellung
Bertelsmann Stiftung, 2021: Fachkräfte Radar für KiTa und Grundschule.
BMBFSFJ, 2021: Quereinstieg - Männer und Frauen in Kitas. ESF Bundesmodellprogramm.
Autorengruppe Fachkräftebarometer, 2017: Fachkräftethermometer Frühe Bildung 2017.
Prognos, 2018: Zukunftsszenarien – Fachkräfte in der Frühen Bildung gewinnen und binden.