Anfang der Seite Springe zum Hauptinhalt der Seite

Betriebsräte in Deutschland

Betriebsräte gab es zuletzt nur noch in 9 Prozent der Unternehmen in Deutschland. Dennoch vertreten sie immer noch mehr als ein Drittel der Beschäftigten. Ihre Entwicklung und Aufgaben im Wandel der Arbeitswelt.

Wie verbreitet sind Betriebsräte in Deutschland? Welche Funktionen nehmen sie wahr und wie haben sich ihre Aufgaben als Interessenvertretung der Beschäftigten verändert? Wichtige Facetten auf einen Blick.

Verbreitung von Betriebsräten

Verbreitung von Betriebsräten

Betriebsräte gab es 2019 nur noch in 9 Prozent der Betriebe in Deutschland – im Jahr 2010 waren es noch 12 Prozent. Während die Verbreitung in kleinen Betrieben ohnehin eher gering war und ist, betraf der Rückgang vor allem mittelgroße Betriebe. Dennoch kann nicht uneingeschränkt von einer Erosion der betrieblichen Mitbestimmung  gesprochen werden: Denn in Großbetrieben blieb die Lage in den letzten Jahren auf hohem Niveau stabil – hier sind Betriebsräte auch heute noch häufig anzutreffen.

So erklärt sich, dass zuletzt immer noch 41 Prozent der Beschäftigten in Westdeutschland und 36 Prozent in Ostdeutschland in Betrieben mit Betriebsrat  tätig waren. Besonders oft der Fall ist das in der Energiewirtschaft, bei Banken und Versicherungen und im Verarbeitenden Gewerbe – viel seltener dagegen im Gastgewerbe, im Baugewerbe und bei den vielen kleineren Dienstleistern. Mehr dazu in unserer Infografik.

Auch die Wissenschaft beschäftigt sich mit der rückläufigen Verbreitung von Betriebsräten und analysiert die Hintergründe und Treiber dieser Entwicklung. So zeigt eine Auswertung des IAB-Betriebspanels: Strukturelle Änderungen – wie die Zunahme von kleinen Dienstleistungsbetrieben oder eine rückläufige Tarifbindung der Betriebe – können nur einen kleinen Teil des Rückgangs erklären. 

Bedeutsam sind demnach auch Verhaltensänderungen und veränderte Einstellung gegenüber der Mitbestimmung sowohl auf der Arbeitgeber- als auch auf der Beschäftigtenseite: Arbeitgeber leisten häufiger Widerstand gegen Betriebsratsgründen, Beschäftigte entwickeln weniger Initiativen, einen Betriebsrat zu gründen. Die Vereinfachung des Gründungsverfahrens in der Neufassung des Betriebsverfassungsgesetzes von 2001 hat daran wenig ändern können. Wo Betriebsräte aber bestehen, finden sie einen großen Rückhalt in der Belegschaft. Die hohe Wahlbeteiligung in den Betriebsratswahlen zeigt dies. 

Betriebsräte und Gewerkschaften

Betriebsräte und Gewerkschaften

Betriebsräte sind Interessenvertretungen der Beschäftigten in den Betrieben. Sie sind damit formal unabhängig von den Gewerkschaften. Diese vertreten Interessen ihrer Mitglieder und konzentrieren sich traditionell auf die überbetriebliche Tarifpolitik. Dennoch sind beide Akteure eng verbunden: Nicht nur der gewerkschaftliche Organisationsgrad der Betriebsräte ist hoch. Sie haben auch eine enge Arbeitsteilung mit den Gewerkschaften entwickelt.

Gewerkschaften schulen und beraten Betriebsräte, während Betriebsräte auf die Einhaltung der Tarifverträge im Betrieb achten und traditionell Mitgliederwerbung für die Gewerkschaften betreiben. Heute arbeiten Betriebsräte und Gewerkschaften auch zu bestimmten Themen wie der Digitalisierung eng zusammen. Ebenso spielen Gewerkschaften bei der Gründung von Betriebsräten typischerweise eine wichtige Rolle.

Der Betriebsrat – deutsche Besonderheit und Standortvorteil

Der Betriebsrat – deutsche Besonderheit und Standortvorteil

Die Mitbestimmung der Betriebsräte gilt im internationalen Vergleich als wichtiges Merkmal der Arbeitsbeziehungen in Deutschland. In vielen anderen Ländern existieren keine von Gewerkschaften getrennten betrieblichen Interessenvertretungen und keine Mitbestimmungsrechte, wie sie im Betriebsverfassungsgesetz  definiert werden. Zu den wichtigsten Funktionen der Betriebsräte gehören:

  • Sozialpartnerschaftliche Formen der Arbeitsbeziehungen in den Betrieben etablieren und stärken
  • Beschäftigungssicherung fördern
  • Betriebliche Entgelte und Arbeitszeiten regeln
  • Menschengerechte Arbeitsbedingungen fördern und erhalten
  • Aus- und Weiterbildung in den Betrieben unterstützen
  • den „Arbeitsmarkt“ im Betrieb mitgestalten – etwa mit Blick auf Stellenumbesetzungen oder bei Einführung von Gruppenarbeit

Mitbestimmung dient der demokratischen Teilhabe im Betrieb. Zudem kann die Mitbestimmung der Betriebsräte dazu beitragen, dass Beschäftigte hierzulande fachlich hoch qualifiziert sind und dank langer Betriebszugehörigkeiten weiteres Wissen aufbauen können. So sind sie in der Lage, fortlaufend zu Verbesserungen etwa von Produkten sowie Arbeitsprozessen beizutragen und innovative, hochwertige Erzeugnisse zu fertigen.

Zufriedenheit mit der betrieblichen Mitbestimmung

Zufriedenheit mit der betrieblichen Mitbestimmung

Forschungsergebnisse zeigen: „Den“ Betriebsrat gibt es eigentlich nicht. Die Mitbestimmungspraxis der Betriebsräte ist überaus vielfältig. Prägend ist die Art und Weise, wie der Betriebsrat seine Informations-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechte tatsächlich ausübt und wie eine Geschäftsführung darauf reagiert. Vorherrschend in der betrieblichen Mitbestimmungspraxis ist ein sachlicher, konsens- und kompromissorientierter Umgang zwischen Management und Betriebsrat. Sowohl Geschäftsführungen als auch Betriebsräte stellen der gemeinsamen Zusammenarbeit ein gutes Zeugnis aus – bei allen im Einzelfall widerstreitenden Interessen.

Wo Betriebsräte existieren, stößt die betriebliche Sozialpartnerschaft daher auf hohe Akzeptanz. Dort finden die Interessen der Beschäftigten auf diesem Weg Gehör bei der Geschäftsführung. Zudem können Betriebsräte Beschäftigte als Sachverständige oder Experten und Expertinnen unmittelbar in ihre Arbeit einbinden.

Andere Formen kollektiver Interessenvertretung

Andere Formen kollektiver Interessenvertretung

Neben Betriebsräten existieren in manchen Betrieben auch andere Formen der Beschäftigtenvertretung. Sie reichen von „runden Tischen“ bis hin zu „Belegschaftssprechern“. Manchmal sind in solchen Gremien Vertreterinnen und Vertreter von Beschäftigten und Betrieben gemeinsam aktiv.

In den letzten Jahren ist die Verbreitung solcher anderen Formen leicht gestiegen. Zuletzt gab es sie in rund 18 Prozent der westdeutschen und 10 Prozent der ostdeutschen Betriebe. Allerdings ist ihre Lebensdauer deutlich kürzer als die von Betriebsräten.

Ein rechtlicher Rahmen wie bei Betriebsräten existiert für diese Gremien nicht. Forschungsergebnisse zeigen, dass Beschäftigtenvertreterinnen und -vertreter nicht immer per Wahl bestimmt werden. Auch weisen die Ergebnisse darauf hin, dass andere Vertretungsorgane besonders häufig Aufgaben bei kollektiven Fragen zur Arbeitsplatzgestaltung oder Arbeitsorganisation wahrnehmen. Harte Regulierungsthemen wie Entgelt  , Arbeitszeit sowie Kündigungen und Beschäftigungssicherung werden hingegen selten von ihnen vertreten – in der Betriebsratspraxis spielen sie aber eine große Rolle.

Newsletter