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Wie Eltern und Pflegende bei der Arbeit benachteiligt werden

Viele Berufstätige, die für Kinder oder Pflegebedürftige sorgen, fühlen sich am Arbeitsplatz benachteiligt. Eine aktuelle Studie zeigt, was Frauen und Männer im Alltag erleben – von negativen Kommentaren bis zur Kündigung.

Inwiefern fühlen sich Beschäftigte mit jungen Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen am Arbeitsplatz diskriminiert? Das hat die Prognos AG in einer Studie für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes untersucht, die 2022 veröffentlicht wurde. Erfasst wurde das subjektive Erleben von Beschäftigten, nicht Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Die Kernergebnisse der Studie:

Kernergebnisse

  1.  
     

    Mütter erleben mehr soziale Nachteile nach der Elternzeit

    29 Prozent der Mütter und 12 Prozent der Väter machten die Erfahrung, dass ihnen Vorgesetzte weniger Leistungsfähigkeit zutrauten. 28 Prozent der Mütter und 12 Prozent der Väter fühlten sich von relevanten Informationen oder Entscheidungen ausgeschlossen.

  2.  
     

    Männer erleben mehr soziale Nachteile bei der Elternzeit-Beantragung und Pflege

    Bei der Anmeldung der Elternzeit  berichten 30 Prozent der Väter im Vergleich zu nur 24 Prozent der Mütter, dass der oder die Vorgesetzte auf ihr Anliegen, Elternzeit zu nehmen, mit negativen oder abwertenden Kommentaren reagiert habe. Bei der Pflege von Angehörigen sind Männer nach eigener Wahrnehmung etwas häufiger als Frauen von Diskriminierung betroffen: 20 Prozent der pflegenden Männer und 18 Prozent der pflegenden Frauen berichten, dass ihre Pflegeaufgaben bei der Terminierung von Sitzungen nicht berücksichtigt werden. Eine mögliche Erklärung dafür, dass sich Männer in diesen Fällen häufiger als Frauen diskriminiert fühlten: Elternzeit und Pflege passen weniger zu der Rolle, die Männern klassischerweise zugeschrieben wird – und deshalb unterstützen Vorgesetzte sowie Kolleginnen und Kollegen Männer womöglich weniger.

  3.  
     

    Die materielle Benachteiligung reicht von ausbleibenden Beförderungen bis zu Kündigungen

    Mütter sind häufiger als Väter von einer sogenannten materiellen Benachteiligung nach der Bekanntgabe der Schwangerschaft und der Rückkehr aus der Elternzeit betroffen. So berichten mehr Mütter als Väter, dass ihnen Verantwortlichkeiten entzogen wurden, obwohl sie das nicht wollten (Mütter: 22 Prozent; Väter: 11 Prozent), geplante Beförderungen ausfielen oder verschoben wurden (19 bzw. 12 Prozent) oder Gehaltserhöhungen ausblieben (22 bzw. 16 Prozent).

    Von besonders weitreichenden Benachteiligungen, dem Verlust des Arbeitsplatzes, zum Beispiel durch Kündigung, Nicht-Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags, unfreiwillige Versetzung oder einen aufgezwungen empfundenen Aufhebungsvertrag, berichtete ebenfalls ein Teil der Eltern. Betroffen waren demnach insbesondere Eltern, die alleinerziehend sind, mit drei oder mehr Kindern in einem Haushalt leben, ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen unter 1.700 Euro haben oder befristet beschäftigt sind. Von einem Arbeitsplatzverlust im Kontext der Pflege von Angehörigen berichteten pflegende Männer häufiger als pflegende Frauen.

  4.  
     

    Mütter bemängeln fehlende Familienfreundlichkeit häufiger als Väter

    Defizite in der Familienfreundlichkeit beklagen mehr Mütter als Väter. So geben 30 Prozent der Mütter im Vergleich zu 17 Prozent der Väter an, dass ihnen flexible Arbeitszeiten nicht oder nicht im gewünschten Umfang ermöglicht wurden. Fehlende Möglichkeiten des Arbeitens im Homeoffice, des Arbeitens in Teilzeit  oder eine fehlende Rücksichtnahme bei der Urlaubsplanung sind weitere Einschränkungen, von denen Mütter häufiger als Väter berichten. Männliche und weibliche Pflegepersonen berichten ebenfalls von Einschränkungen der Familienfreundlichkeit, jedoch insgesamt zu einem geringeren Anteil als Eltern.

Zur Studie

Hintergrundinformationen zur Studie

Für diese im Jahr 2022 veröffentliche Studie der Prognos AG im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes wurden Interviews mit Expertinnen und Experten sowie Fokusgruppen mit den betreffenden Zielgruppen durchgeführt. Die Interviews fanden im Zeitraum Dezember 2020 bis Februar 2021 und die Fokusgruppen im Februar und März 2021 statt. Auf Grundlage dieser Ergebnisse formulierten die Forscher Fragebögen zur quantitativen Befragung der Zielgruppen. Im Juni und Juli 2021 wurden 2.500 Eltern mit mindestens einem Kind unter sechs Jahren und 504 Pflegepersonen befragt, die zum Zeitpunkt der Befragung oder in den vorangegangenen 6 Jahren während der Erwerbstätigkeit gepflegt haben. Die Erhebung entspricht einer Quotenstichprobe, bei der nach Geschlecht, Alter, Wohnort in West-/ bzw. Ostdeutschland und dem aktuellen Erwerbsstatus quotiert wurde. Die Quoten beruhen auf Angaben des Mikrozensus 2019 sowie des Sozio-oekonomischen Panels. In der Erhebung konnten die Quoten hinreichend abgebildet werden. Die Grundlage des Beitrags bilden die Daten aus der quantitativen Befragung.

Literatur

  • Antidiskriminierungsstelle des Bundes, 2022: Diskriminierungserfahrungen von fürsorgenden Erwerbstätigen im Kontext von Schwangerschaft, Elternzeit und Pflege von Angehörigen. Link
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