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Lokführer: „So hat sich unser Beruf verändert“

Die Hälfte der Stellen für Lokführer/innen blieb zuletzt offen. Als einer der Berufe im Wandel wird er künftig noch wichtiger, wie unser Doppelporträt zeigt.

 

540 arbeitslose Lokführerinnen und Lokführer kamen laut Bundesagentur für Arbeit 2021 auf 1.009 offene Stellen – damit gehört der Beruf zu denen, in denen personelle Engpässe besonders ausgeprägt sind.

540

Lokführerinnen und Lokführer sind für die Funktionsfähigkeit der Logistikketten im Güterverkehr so zentral wie für die klimaschonende Mobilität von Millionen Berufspendlern und Reisenden täglich. Umso wichtiger wird es, für diesen Engpassberuf in Zukunft Fachkräfte zu gewinnen.

Im Doppelporträt berichten die beiden Lokführer Peter Düsterhöft (64) und Julian Scheiding (25) aus dem Blickwinkel zweier Generationen über ihren Beruf im Wandel und die Herausforderungen, vor denen er steht.

Peter Düsterhöft und Julian Scheiding
© Privat - Lokführer Peter Düsterhöft (64) und Julian Scheiding (25)

Früher: Peter Düsterhöft

  • Arbeitsalltag & Wandel

    1974 hatte ich bei der deutschen Reichsbahn der DDR als Elektrikerlehrling angefangen, 1978 folgte die Grundausbildung als Lokführer an E- und Dieselloks. Danach bin ich in den Streckendienst gegangen. Die Dienste waren damals 10 bis 12 Stunden lang und für 12 Tage geplant – heute gibt es nur noch teilweise geplante Schichten. Dazu kam vor und nach jeder Zugfahrt eine Sichtprüfung der Lokomotive und die Dokumentation, damals noch in Papierform. Heute ist vieles digitalisiert: im Führerstand, in der Wartung, aber auch Fahrpläne und Fahrtendokumentation. Und der Kundendienst ist neu: Ansagen im Zug, Verabschiedung, Begrüßung, zumindest im Regionalverkehr, wo ich vor meiner Rente zuletzt gearbeitet habe.

  • Kompetenzen

    Das allererste ist, Sicherheit und Technik zu beherrschen. Auf die Veränderungen wurden wir im Dienstunterricht insgesamt gut vorbereitet. Früher hatten wir keinen Kontakt zu den Fahrgästen, später wurden wir dann auch für Kundenservice und Beschwerdemanagement geschult. Das Thema energiesparendes Fahren gab es dagegen schon lange vor der Debatte um den Klimawandel: Bereits unsere Väter haben für das Sparen von Kohle Kohleprämien bekommen. Auch heute haben wir Fahrtrainings und fahren immer sparsamer.

  • Zukunft

    Der Beruf ist nach wie vor wunderschön. Aber die Arbeitszeiten sind eine Herausforderung. Mitte der 90er Jahre wurden die leeren Laufzeiten abgeschafft, in denen die Lok abgestellt wurde. Meist arbeitet man jetzt bis tief in die Nacht oder fängt sehr früh morgens an. Dazu kommen lange Anfahrten, weil viele Dienststellen geschlossen wurden. Und beim Thema Klimaschutz ist es gut, wenn wir moderne, klimafreundliche Züge haben. Aber wichtiger wäre, dass wir die Gleise, Weichen und Bahnhöfe für klimafreundliche Mobilität wieder ausbauen, die durch die Bahnreform massiv eingespart wurden. Mit der Folge, dass wir heute nicht mehr überholen können und Rückstaus haben, wenn mal ein Zug liegenbleibt.

Heute: Julian Scheiding

  • Arbeitsalltag & Wandel

    Ich habe mit 17 meine Ausbildung angefangen, die mich auf mehrere Berufe vorbereitet hat – von der Zugvorbereitung über das Rangieren bis zur Wagenprüfung. Das hilft mir heute als Lokrangierführer für Güterzüge, weil ich so am Zug vieles selbst erledigen kann. Meine Hauptaufgabe ist es, Züge auseinanderzurangieren und neu zu bilden. Dazu kommen regelmäßige technische Untersuchungen, das Erstellen der Begleitpapiere und die Dokumentation. Je nach Schicht fahre ich den Zug zum Kunden, etwa Industrie und Bundeswehr, oder zum nächstgrößeren Bahnhof. Wir haben zum Teil sehr moderne Loks, aber auch noch Technik aus den 50er Jahren. Da brauche ich viel Wissen, was meinen Job aber auch so spannend macht. Die Bremszettel, in denen wir das Bremsverhalten der Züge erfassen, Wagenlisten und die Dokumentierung sicherheitsrelevanter Tätigkeiten erledige ich heute am Tablet.

  • Kompetenzen 

    Technisches Interesse ist nach wie vor sehr wichtig, aber auch das Interesse an der Eisenbahn mit sämtlichen Vorschriften, die sehr detailliert sind. Denn trotz allen technologischen Fortschritts: Wir rangieren mit Tonnen, ein gewisses Gefahrenpotenzial wird es immer geben. Es ist deshalb sehr wichtig, alle Vorschriften zu kennen. Auf die Umstellungen auf neue Loks und Technologien werden wir im Dienstunterricht gut vorbereitet.

  • Zukunft

    Viele stellen sich unter dem Beruf etwas anderes vor. Im Werbetrailer sieht es so aus, als setze man sich in den Lokführerstand, hat drei Hebel, drei Knöpfe und fährt durch die Landschaft. Die Realität ist schon wegen der Arbeitszeiten komplett anders. Da wirft mancher doch das Handtuch. Neben Personalengpässen werden uns auch Klimawandel und Digitalisierung weiter betreffen. Ich hoffe, dass der Bahnverkehr ausgebaut und modernisiert wird. Jetzt haben wir Strecken, die fast nur noch digital funktionieren. Aber auf dem Bahnhof, an dem ich eingesetzt bin, ist alles noch von 1914.

Infos zum Beruf

Der Ausbildungsberuf heißt heute „Eisenbahner/innen im Betriebsdienst der Fachrichtung Lokführer und Transport“. Zu den Aufgaben gehört das Steuern von Loks und Triebfahrzeugen im Nah- und Fernverkehr sowie der Transport von Personen und Gütern. Zudem sorgen Lokführerinnen und Lokführer auch für einen reibungslosen Ablauf im Schienenverkehr.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

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