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Illustration Interview

„In der Kompetenzentwicklung liegen enorme Chancen“

Die Stadtverwaltung München hat ein umfassendes System zur Kompetenzentwicklung etabliert. Im Interview erklärt die Leiterin des Veränderungsmanagements, weshalb sich Entwicklungspläne für jeden der Beschäftigten lohnen.

Auch der öffentliche Dienst sucht nach Antworten auf den Wandel in der Nachfrage nach Kompetenzen. Eine Antwort der Stadtverwaltung München liegt im umfassenden Kompetenzmanagement  , das sie für ihre mehr als 40.000 Beschäftigten eingeführt hat. Unter anderem umfasst es individuelle Entwicklungspläne für alle Beschäftigten. Im Interview erklärt Lisa Westermeier, Leiterin des Veränderungsmanagements, die Hintergründe und Chancen des Projekts

Was sind die Hauptgründe für Ihr Kompetenzmanagement, und wie funktioniert es?

Lisa Sophie Westermeier: Wir stehen als Arbeitgeberin in Konkurrenz zu vielen sehr attraktiven Unternehmen in München und haben massive Schwierigkeiten, auf dem Bewerbermarkt Personal zu finden. Wir können uns deshalb nicht mehr aussuchen, welche Qualifikationen, Kompetenzen und Zertifikate eine Person mitbringen muss. Stattdessen entwickeln und fördern wir sie, um sie gut einsetzen zu können. Zudem sind viele Beschäftigte sehr lange bei uns. Die müssen wir in den Wandel bekommen, um am Ende die richtige Person auf der richtigen Stelle zu haben. Weil sie vielleicht Qualifikationen oder Kompetenzen hat, die sie auf einer anderen Stelle besser einbringen kann oder weil wir für eine neue Aufgabe jemanden mit passenden Fähigkeiten brauchen. Im Kompetenzmanagement schauen wir deshalb, welche Qualifikationen, welches Wissen und Können die einzelnen Beschäftigten aktuell haben.

Lisa Sophie Westermeier
twin Fotografie - Lisa Sophie Westermeier

„Wir müssen in den Wandel, um am Ende die richtige Person auf der richtigen Stelle zu haben.“

Daraus leiten wir individuelle Entwicklungspläne mit Maßnahmen aus dem 70-20-10-Modell ab: Etwa 10 Prozent machen formelle Maßnahmen wie Schulungen aus, 20 Prozent das Lernen in sozialen Settings wie Coaching und 70 Prozent die Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz. Insgesamt ist die Kompetenzentwicklung eine sehr umfangreiche Aufgabe. Aber es lohnt sich, sie strukturell und professionell anzugehen. Denn es liegen enorm viele Chancen für Beschäftigte und Unternehmen darin.

Lisa Sophie Westermeier

Lisa Sophie Westermeier

Stadtverwaltung München

Lisa Sophie Westermeier verantwortet als Projektmanagerin und Veränderungsmanagerin die Einführung des Münchner Kompetenzmanagements bei der Landeshauptstadt München. Als Personalentwicklerin und Business Coach mit psychologischer Ausbildung coacht und berät sie zudem die Kunden ihres Unternehmens coachingwerk München.

Wie macht sich das Kompetenzmanagement bemerkbar: Wie gut sind Ihre Beschäftigten beispielsweise für neue Anforderungen durch Digitalisierung aufgestellt?

Westermeier: Aktuell haben wir in vielen Bereichen schon die Kompetenzen, um den Wandel zu bewältigen, den wir mit Digitalisierung, demografischer Entwicklung und vielen weiteren Trends erleben. Oft sind die Fähigkeiten aber noch sehr neu oder werden gerade aufgebaut. Hier setzt unser Kompetenzmanagement an: Wir schauen, welche Kompetenzen es bei uns schon gibt, welche wir in Zukunft brauchen, und wie wir den Kompetenzaufbau der Beschäftigten fördern. Dabei geht es um grundlegende Fähigkeiten, die das Thema Zusammenarbeit und Kommunikation betreffen, Reflektionsfähigkeit, viele Fachkompetenzen und um das Thema Führung. Bei jeder Kompetenz definieren wir für jede Stelle, in welcher Ausprägung wir sie brauchen – also, ob schon grundlegende Fähigkeiten reichen oder ob wir in einzelnen Bereichen sehr fortgeschrittenes Wissen und Können brauchen.

Wie begleiten Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wandel?

Westermeier: Wir befinden uns in vielen Bereichen in einem kontinuierlichen, in manchen Teilen sogar täglichen Veränderungsprozess. Es gibt die Beschäftigten, die sich darüber freuen und dafür offen sind, mit neuen Methoden oder in neuen Arbeitsgruppen zu arbeiten. Aber es gibt natürlich auch die Skeptiker, die oft aus einem Bereich kommen, der sehr lange kaum Veränderungen hatte.

Wie begleiten Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wandel?

„Wo es lange kaum Veränderung gab, begleiten wir die Weiterentwicklung professionell.“

Wir begleiten den Wandel deshalb mit einem professionellen Veränderungsmanagement  ä Ich als Veränderungsmanagerin habe zum Beispiel einen psychologischen Hintergrund, bin Trainerin und Coach. Außerdem haben wir weitere, speziell fürs Veränderungsmanagement  äausgebildete Experten. Unsere Maßnahmen reichen von Workshops und digitalen Kurzformaten wie Erklärvideos über Mentorenprogrammen bis zu großen Informationsveranstaltungen, -märkten und Fragerunden.

Was motiviert die Beschäftigten Ihrer Einschätzung nach, sich weiterzuentwickeln?

Westermeier: Wir unterscheiden Anpassungsentwicklungen, wenn sich der Arbeitsalltag verändert, die Einarbeitung in komplett neue Tätigkeiten, die Reaktivierung von Beschäftigten nach einer Auszeit sowie Aufstiegsentwicklungen. Neben dem Ziel, neuen Aufgaben gerecht zu werden, sein Wissen auf den aktuellen Stand zu bringen und die Karriere voranzutreiben, sehen wir aber auch, dass besonders die Generationen, die jetzt bei uns anfangen, das Thema Weiterentwicklung als persönliche Entfaltung sehen. Hier ist der Wunsch nach Zugang zu neuem Wissen und der Anspruch, besser zu werden, klar erkennbar.

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