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Die Mittelschicht: stabiles Einkommen, aber Sorgen um finanzielle Zukunft

Die Einkommen der Mittelschicht haben vom wirtschaftlichen Aufschwung vor Corona profitiert. Welche Sorgen sie dennoch umtreiben, zeigt eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung.

Mehr Einkommen, weniger Ängste vorm Jobverlust, aber finanzielle Sorgen: So lässt sich die Entwicklung der Mittelschicht im vergangenen Jahrzehnt laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung zusammenfassen, die die Einkommen, aber auch Sorgen der Mittelschicht untersucht. Wir haben die wichtigsten Ergebnisse für Sie zusammengefasst:

  1.  
    Icon Sorge Kündigung: gedankliche Blase zu Umzugskarton im Büro packen

    Nur noch 30 Prozent machten sich Sorgen vor einer Kündigung.

    Das sind 22 Prozentpunkte weniger als 2010. Das könnte an der Arbeitslosenquote liegen, die von 7,7 Prozent auf 5,2 Prozent gesunken ist. Bei niedrigerem Arbeitslosenrisiko scheint auch das eigene Risiko geringer, den Job zu verlieren.

  2.  
    Icon Zuwachs Einkommen

    Die Nettohaushaltseinkommen der Mittelschicht sind um 7 Prozentpunkte gestiegen.

    Allerdings nachdem sie bis 2014 um knapp 3 Prozentpunkte gesunken sind. Diese Schwankungen erlebten vor allem Personen mit niedrigeren Einkommen. Dabei ist die Mittelschicht insgesamt ziemlich stabil: Mehr als drei Viertel aller Personen, die 2010 der Mittelschicht angehörten, taten dies auch 2018.

  3.  
    Icon ungleiche Einkommen: verschieden hohe Geldstapel auf Waage

    Die Einkommensungleichheit ist zuletzt leicht zurückgegangen.

    2018 lag sie allerdings noch etwas höher als 2010. Insgesamt haben alle Einkommensgruppen vom wirtschaftlichen Aufschwung profitiert. Die Einkommen der ärmsten 40 Prozent und der reichsten 10 Prozent haben sich in den vergangenen Jahren leicht angenähert. Trotzdem gab es für die höheren Einkommensgruppen im gesamten Jahrzehnt ein höheres Plus als für die untersten Gruppen: Während die reichsten 10 Prozent im Jahr 2018 10 Prozentpunkte über ihrem Einkommensniveau von 2010 lagen, erreichte die niedrigste Einkommensgruppe 2018 erstmals wieder das Ausgangsniveau von 2010.

  4.  
    Icon Sorgen um Zukunft: gedankliche Blase mit Jahreszahlen-Zeitstrahl

    Je geringer das Haushaltseinkommen, desto größer die Zukunftssorgen.

    Die Corona-Krise verstärkt Zukunftsängste. Insbesondere einkommensschwache Haushalte sorgen sich um die eigene wirtschaftliche (71 Prozent) und berufliche Zukunft (56 Prozent). In der Mittelschicht tun dies mehr als die Hälfte mit Blick auf ihre wirtschaftliche Zukunft. Immerhin 40 Prozent befürchten negative berufliche Folgen.

  5.  
    Icon Sorgen um Finanzen: gedankliche Blase zu leerem Geldbeutel

    Finanzielle Sorgen der Mittelschicht bleiben groß.

    Zwar sank auch die Sorge um die eigene finanzielle Situation von 72 Prozent auf 56 Prozent, mit 16 Prozentpunkten allerdings moderater als die Angst vor Jobverlust. Zudem blieb die Sorge um die eigene Altersvorsorge mit 62 Prozent vergleichsweise groß - besonders bei Frauen, da sie durch häufigere Erwerbsunterbrechungen und Beschäftigung in Teilzeit  deutlich geringere Rentenansprüche sammeln.

  6.  
    Icon Corona & dünnes Portemonnaie

    Corona-Krise trifft vor allem Geringverdiener.

    Mehr als die Hälfte aller Befragten, die vor Corona bis zu 2.000 € verdienten, hatten Einkommensverluste. Dies liegt daran, dass Niedriglohnjobs besonders stark von der Pandemie getroffen wurden. So berichteten knapp 62 Prozent der Befragten mit Einkommen bis 1.500 Euro von Einbußen; bei Haushalten zwischen 1.500 Euro und 2.000 Euro waren es immerhin noch 54 Prozent.

  • Es gibt verschiedene Modelle zur Definition der Mittelschicht. Zum einen kann der Median  des Einkommens als Ausgangsposition gewählt werden. Dann werden unterhalb und oberhalb des Medians Grenzen gesetzt, die die Mittelschicht definieren. Zum Beispiel könnten alle dazu gehören, deren Einkommen zwischen 50 Prozent und 200 Prozent des Medians liegt. Oder die Einkommen werden in gleich große Gruppen eingeteilt und man beschreibt eine gewisse Anzahl an Gruppen als Mittelschicht. Dies sind einkommensbasierte Definitionen.

    Die Mittelschicht kann aber auch statusbasiert definiert werden: Entweder in dem die Berufe in Gruppen eingeordnet werden und dann bestimmt wird, welche Berufsgruppen zur Mittelschicht gehören. Oder die Leute werden selbst dazu befragt, ob sie sich zur Mittelschicht zählen.

    Diese Studie verwendet die Einteilung nach dem Medianeinkommen. Wenn das Einkommen zwischen 70 Prozent und 150 Prozent des Medians liegt, gehört diese Person zur Mittelschicht.

Zur Studie

Die im November 2021 erschienene Studie der Hans-Böckler-Stiftung befasst sich mit der Einkommensentwicklung und damit verbundenen Sorgen der Mittelschicht zwischen den Jahren 2010 und 2019 auf Basis des SOEP. Zudem werden in der HBS-Erwerbspersonenbefragung potenzielle Effekte der COVID-19-Krise auf die Mittelschicht sowie die oberen und unteren Einkommensgruppen untersucht.

Die komplette Studie finden Sie hier: Verteilungsbericht 2021. Die Einkommenssituation und Abstiegsängste der Mittelschicht.

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