Die Inflation ist zurück. Nach einem Jahrzehnt geringer Preissteigerungen lag die Inflationsrate in Deutschland 2021 bereits bei 3,1 Prozent (Destatis, 2022). Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung prognostiziert für 2022 gar durchschnittliche Preissteigerungen von 6,1 Prozent. Die Wirtschaftsweisen erwarten auch, dass die Preisentwicklung die Lohnforderungen anheizt: „Die hohe Inflation und die steigenden Inflationserwartungen werden voraussichtlich die Tarifverhandlungen beeinflussen. Die Dynamik für Lohnforderungen dürfte ab dem zweiten Halbjahr 2022 zunehmen. Damit steigt das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale.“ (Sachverständigenrat für Wirtschaft, 2022).
Nachdem der Begriff der Lohn-Preis-Spirale fast in Vergessenheit geraten war, findet kaum eine Debatte über die aktuelle Preisentwicklung ohne ihn statt. Wie kann eine Lohn-Preis-Spirale entstehen, und welche Rolle spielen Gewerkschaften dabei? Unser Schaubild klärt auf:
Dieser „Zweitrundeneffekt“, der den bereits gestiegenen Preisen nochmals einen Schub geben kann, war in Deutschland insbesondere in den 70er Jahren zu beobachten. Nachdem der Ölpreisschock eine Inflation ausgelöst hatte, handelten Gewerkschaft Lohnerhöhungen von mehr als 10 Prozent aus. Sie sollten die Kaufkraftverluste ausgleichen. Der Effekt setzte ein, und es dauerte mehrere Jahre, bis die Inflation wieder in die Nähe des Vorkrisenniveaus fiel. Folgen dieser Entwicklung waren gestiegene Zinssätze der Bundesbank und eine deutlich erhöhte Arbeitslosenquote (Deutsche Bundesbank, 2022; Destatis, 2022). Droht jetzt eine ähnliche Entwicklung?
Wie wahrscheinlich ist ein Szenario wie in den 70er Jahren? Die “Lohn-Preis-Spirale" ist umstritten. Entwicklungen der Vergangenheit lassen unterschiedliche Beurteilungen zu. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis ordnen wichtige Aspekte in unserer Kurz-Umfrage für Sie ein.