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Arbeit auf Abruf: Kennzeichen, Branchen und Tätigkeiten

Unter Abrufarbeit versteht man zeitlich stark flexibilisierte Beschäftigungsformen, bei denen sich Lage und Umfang der Arbeitszeit nach kurzfristigen Schwankungen im Arbeitsanfall richten. Diese sind nicht auf die Plattformökonomie  beschränkt, sondern sind seit längerem auch ein Flexibilitäts-Instrument in anderen Wirtschaftsbereichen.

  • Ein Großteil der Beschäftigten mit Arbeit auf Abruf ist im Dienstleistungsbereich, in der Landwirtschaft, im Gesundheitswesen, im Gastgewerbe, in der Logistik sowie im Baugewerbe tätig.
  • Arbeit auf Abruf üben viele Beschäftigte ohne vertraglich festgelegte Arbeitszeit und mit geringem Stundenvolumen von 20 Stunden und weniger aus.
  • Beschäftigte in Arbeit auf Abruf haben ein deutlich höheres Niedriglohnrisiko als abhängig Beschäftigte insgesamt.

Dienstleistungstätigkeiten stark vertreten

Im Zeitverlauf zeigen sich Schwankungen der Anteile der einzelnen Formen von Abrufarbeit, die keinen eindeutigen Entwicklungstrend erkennen lassen. 

Die Infografik zeigt die Entwicklung der Nutzung von Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Arbeit auf Abruf zwischen 2011 und 2019. Hierbei zeigen sich nur geringe Schwankungen der Anteile der einzelnen Formen von Abrufarbeit, die keinen eindeutigen Entwicklungstrend erkennen lassen. Im Jahr 2019 wurde mit 7,3% die Rufbereitschaft am häufigsten genutzt. Bereitschaftsdienst wurde von 6,5% der Beschäftigten ausgeübt und 3,9% waren in einer Tätigkeit mit Arbeit auf Abruf beschäftigt.

Im Vergleich zu den abhängig Beschäftigten insgesamt arbeitet ein größerer Teil der Beschäftigten mit Arbeit auf Abruf  in den sonstigen Dienstleistungen (u.a. Interessenvertretungen, kirchliche Einrichtungen, persönliche Dienstleistungen wie Wäschereien oder Friseursalons, Privathaushalte, Sport und Unterhaltung), im Gesundheitswesen, in den sonstigen wirtschaftliche Dienstleistungen (u.a. Gebäudebetreuung, Wachdienste, Arbeitnehmerüberlassung), im Gastgewerbe, im Bereich Verkehr, Lagerei, Postdienste sowie im Baugewerbe.

Hoher Anteil in der Landwirtschaft

Besonders hoch ist der Anteil von Beschäftigten, die auf Abruf arbeiten, in der Landwirtschaft (15,7%), im Gastgewerbe (10,7%) und in den sonstigen Dienstleistungen (9,5%).

Die Infografik zeigt die Häufigkeit von Arbeit auf Abruf in den Wirtschaftsgruppen, den Anteil der Wirtschaftsgruppe an Arbeit auf Abruf insgesamt sowie den Anteil der Wirtschaftsgruppe an allen abhängig Beschäftigten. Im Vergleich zu den abhängig Beschäftigten insgesamt arbeitet ein größerer Teil der Beschäftigten mit Arbeit auf Abruf in den sonstigen Dienstleistungen (u.a. Interessenvertretungen, kirchliche Einrichtungen, persönliche Dienstleistungen wie Wäschereien oder Friseursalons, Privathaushalte, Sport und Unterhaltung), im Gesundheitswesen, in den sonstigen wirtschaftliche Dienstleistungen (u.a. Gebäudebetreuung, Wachdienste, Arbeitnehmerüberlassung), im Gastgewerbe, im Bereich Verkehr, Lagerei, Postdienste sowie im Baugewerbe. Besonders hoch ist der Anteil von Beschäftigten, die auf Abruf arbeiten, in der Landwirtschaft (15,7%), im Gastgewerbe (10,7%) und in den sonstigen Dienstleistungen (9,5%).

Abrufarbeit mit geringem Stundenvolumen

Die weiteren Auswertungen beschränken sich auf Abrufarbeit im engeren Sinne, weil hier die materiellen Risiken höher als bei Bereitschaftsdienst  und Rufbereitschaft  sind. Das liegt unter anderem daran, dass bei den beiden letztgenannten Formen die Wartezeiten zum Teil bezahlt sind, außerdem nur ein Teil der Arbeitszeit ‚auf Abruf‘ geleistet wird. Auch Abrufarbeit im engeren Sinne ist nicht gleichbedeutend mit prekärer Arbeit. Bei einem erheblichen Teil der Beschäftigten in Abrufarbeit kumuliert jedoch das Risiko eines schwankenden Arbeitsvolumens mit einem niedrigen Stundenumfang (<=20 h/Woche) und/oder mit niedrigen Stundenlöhnen.

Arbeit auf Abruf hat einen geringen Anteil von Beschäftigten im vollzeitnahen Bereich, umgekehrt aber viele Beschäftigte ohne vertraglich festgelegte Arbeitszeit und mit geringem Stundenvolumen von 20 Stunden und weniger.

Die Grafik zeigt die Verteilung der Beschäftigten in Arbeit auf Abruf sowie aller abhängig Beschäftigten auf die Arbeitszeit. Im Kern zeigt sich. Dass Arbeit auf Abruf einen geringen Anteil von Beschäftigten im vollzeitnahen Bereich hat, umgekehrt aber viele Beschäftigte ohne vertraglich festgelegte Arbeitszeit und mit geringem Stundenvolumen von 20 Stunden und weniger.

Beispiele für Berufe, die Arbeit auf Abruf und kurze Wochenarbeitszeiten kombinieren (20 Stunden pro Woche und weniger), sind Kellner*innen, Reinigungspersonal, Verkäufer*innen, Hauswarte und Reiseleiter*innen.

Das Schaubild zeigt verschiedene Berufsbeispiele, bei denen Arbeit auf Abruf mit unterschiedlichen Stundenanteilen vorkommen können. Beispiele für Berufe, die Arbeit auf Abruf und kurze Wochenarbeitszeiten kombinieren (20 Stunden pro Woche und weniger), sind Kellner*innen, Reinigungspersonal, Verkäufer*innen, Hauswarte und Reiseleiter*innen. Berufe mit mittlerem Stundenvolumen von 20 bis 35 Stunden pro Woche sind etwa Verkäufer*innen, Pflegefachkräfte, Kellner*innen oder Lehrkräfte im Sekundarbereich. Berufe mit vollzeitnahen Tätigkeiten über 35 Stunden pro Woche und Arbeit auf Abruf sind etwa Krankenpflegefachkräfte, Hauswarte, Fahrer*innen schwerer LKWs, Landwirte sowie Polizeikommissare und Kriminalbeamte.

Das Niedriglohnrisiko

Das Niedriglohnrisiko ist für Beschäftigte in Arbeit auf Abruf deutlich höher als für die Beschäftigten insgesamt. Für die abhängig Beschäftigten insgesamt und auch für Beschäftigte mit Arbeit auf Abruf zeigt sich ein Rückgang des Niedriglohnrisikos im Zeitverlauf.

Die Grafik zeigt das Niedriglohnrisiko von Beschäftigten in Arbeit auf Abruf und allen abhängig Beschäftigten. Das Niedriglohnrisiko ist für Beschäftigte in Arbeit auf Abruf deutlich höher als für die Beschäftigten insgesamt. 2019 arbeitete ein Drittel der Beschäftigten in Arbeit auf Abruf zu einem Niedriglohn, gegenüber 20% bei allen Beschäftigten. Für die abhängig Beschäftigten insgesamt und auch für Beschäftigte mit Arbeit auf Abruf zeigt sich aber ein Rückgang des Niedriglohnrisikos im Zeitverlauf.

In allen Arbeitszeitkategorien haben Beschäftigte mit Arbeit auf Abruf ein höheres Niedriglohnrisiko als die abhängig Beschäftigten insgesamt. Ein besonders großer Unterschied zeigt sich in der Gruppe der Beschäftigten mit über 20 bis 35 Wochenstunden.

Die Grafik zeigt das Niedriglohnrisiko von allen abhängig Beschäftigten und Beschäftigten in Arbeit auf Abruf unterteilt nach Stundenumfang. In allen Arbeitszeitkategorien, also egal in welchem Stundenumfang pro Woche gearbeitet wird, haben Beschäftigte mit Arbeit auf Abruf ein höheres Niedriglohnrisiko als die abhängig Beschäftigten insgesamt.
  • Datengrundlage unserer Berechnungen ist das sozio-ökonomische Panel (SOEP). Das SOEP ist eine repräsentative jährliche Wiederholungsbefragung privater Haushalte, die seit 1984 in Westdeutschland und seit 1990 auch in Ostdeutschland durchgeführt wird (vgl. Goebel et al. 2018). Die Auswertungen beziehen sich auf alle abhängig Beschäftigten, d.h. neben Vollzeitbeschäftigten sind auch Teilzeitbeschäftigte und Minijobber*innen enthalten.

    Die Stundenlöhne in den Auswertungen zur Niedriglohnbeschäftigung wurden auf der Basis der Bruttomonatsverdienste (ohne Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) und den Angaben der Befragten zu ihrer tatsächlich geleisteten Arbeitszeit berechnet, wobei Überstunden in beiden Größen enthalten sein können.

    Selbständige und Freiberufler*innen sowie mithelfende Familienangehörige wurden ausgeschlossen. Nicht berücksichtigt wurden darüber hinaus auch Auszubildende, Praktikant*innen, Personen in Rehabilitation, Umschulung  sowie in weiteren arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, Beschäftigte in Behindertenwerkstätten, Personen im Bundesfreiwilligendienst sowie Beschäftigte in Altersteilzeit. Darüber hinaus beschränkt sich unsere Auswertung auf Beschäftigte, die mindestens 18 Jahre alt sind.

    Statistisch gibt es erhebliche Probleme bei der Abgrenzung von Abrufarbeit. Eine Berechnung des IAB (Hank/Stegmaier 2018) kommt mit einem vergleichbaren Vorgehen für das Jahr 2016 auf einen Anteil von 4,5 Prozent der Beschäftigten in Arbeit auf Abruf, 6 Prozent in Rufbereitschaft und 5,5 Prozent in Bereitschaftsdienst. Schäfer (2017) wählt eine restriktivere Abgrenzung für Arbeit auf Abruf und kommt auf 840.000 Beschäftigte, was einem Anteil von 2,6 Prozent an den Beschäftigten entspricht. Eine Analyse von Jaehrling/Kalina (2019) zeigt andererseits, dass es neben den Abrufarbeit, Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst Tätigen noch rund 2,1 Millionen weitere Abhängig Beschäftigte  ägibt, die keine vertragliche festgelegte Arbeitszeit haben. Zumindest bei einem Teil von diesen dürfte es sich um informelle Varianten von Abrufarbeit handeln.

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