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Geschlechterungleichheiten in der Arbeitswelt – Über Ursachen und Auswirkungen des Digital Gender Gap

Der Grundstein für Geschlechterungleichheiten beim Digitalisierungsgrad wird bereits in der Kindheit durch stereotype Erziehung gelegt. Für Frauen ergeben sich daraus später in der Arbeitswelt vielfältige Nachteile. Ein Überblick über Ursachen sowie Lösungsansätze zur Behebung des Digital Gender Gap.

Digital Gender Gap

  • Ein Blick auf die Nutzung von PC’s und Software bei der Arbeit macht deutlich: Geht es um fortgeschrittene Skills, haben Männer die Nase vorn. 
  • Der Digital Gender Gap zeigt diese Lücke beim Digitalisierungsgrad zwischen den Geschlechtern deutlich auf. 
  • Frauen entstehen dadurch vielfältige Nachteile im Berufsleben – um dies künftig zu vermeiden, müssen schon in der Kindheit die Weichen gestellt werden. 

Die Digitalisierung ist aus der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Aber der technologische Fortschritt erreicht Männer und Frauen in unterschiedlichem Maße und verstärkt so die Geschlechterungleichheit in der Arbeitswelt. Aufgezeigt wird diese Entwicklung mit dem so genannten Digital Gender Gap – eine Lücke, die sich auf Unterschiede zwischen Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs, der Teilhabe und Beherrschung digitaler Technologien sowie auf die daraus resultierende Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt bezieht. Ein Blick auf die Verwendung von Computern und Software bei der Arbeit macht den Digital Gender Gap deutlich: 

Die Grafik zeigt an, wie wahrscheinlich die Nutzung von Computersoftware am Arbeitsplatz von Frauen und Männern ist. Die Anteile werden in Prozent dargestellt. Die Daten basieren auf Analysen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung. 

Nahezu alle Personen auf dem deutschen Arbeitsmarkt verwenden im Rahmen ihrer Tätigkeit einen Computer. Je nach Anforderungsniveau und Geschlecht ist die Spannweite bei der Nutzung digitaler Anwendungen breit. So werden Programmiersprachen mit einer Wahrscheinlichkeit von nur 2 Prozent von Frauen genutzt, während der Wert bei Männern bei 10 Prozent liegt. Damit programmieren Frauen fünf Mal seltener als Männer. Bei der Nutzung von Standardsoftware liegen jedoch beide Geschlechter nahezu gleichauf: Hier liegt die Wahrscheinlichkeit der Nutzung bei 94 (Frauen) bzw. 95 Prozent (Männer). Dabei fällt auf, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern umso größer werden, je spezieller die verwendete Software ist. Während es fast keine Differenz zwischen den Geschlechtern bei der generellen Verwendung von Standardsoftware gibt (ca. 1 Prozent), erhöht sich diese Differenz auf 11 Prozent, wenn diese auf fortgeschrittenem Level verwendet wird (zum Beispiel durch die Erstellung von Makros, also automatisierten Arbeitsschritten). Die Wahrscheinlichkeit, spezielle Software am Arbeitsplatz zu verwenden, liegt bei Männern bei 50 Prozent, während sie für Frauen nur 36 Prozent beträgt – eine Differenz von 14 Prozentpunkten.  

Ungleichheit ist auch ein Ergebnis stereotyper Erziehung

Der Grundstein für den Digital Gender Gap wird bereits gelegt, wenn Kinder nach Geschlechtsstereotypen erzogen werden – beispielsweise, indem Jungen eher Technik nahegelegt und diese Interessen deutlich stärker gefördert werden. Bei Mädchen hingegen werden häufiger die „soft skills“ unterstützt und mit dem weiblichen Geschlecht verknüpft. In der weiteren Entwicklung von Kindern zu Erwachsenen entsteht so häufig ein Bild, das Männlichkeit mit Technik verbindet, sodass technische Berufe vor allem als männliche Berufe betrachtet werden – und entsprechend deutlich häufiger von Männern ergriffen werden (vgl. Lott 2023: 4).  

Die Arbeitszeit(norm) als verstärkender Faktor

Frauen hingegen übernehmen besonders häufig Care-Tätigkeiten und sind am Arbeitsmarkt deswegen viel häufiger als Männer in Teilzeit  beschäftigt (siehe auch Infografik Wandel der Arbeitszeit in Deutschland). Daran können sich Nachteile knüpfen, zum Beispiel, weil Beförderungen bei Teilzeitkräften deutlich seltener sind als bei denen, die in Vollzeit arbeiten (vgl. Whittock et. al., 2002). Auch in Bezug auf die Digitalisierung sind Teilzeitbeschäftigungen mit Einbußen verbunden, denn der Digital Gender Gap zeigt deutliche Unterschiede je nach Beschäftigungsumfang.  

Die Grafik zeigt an, wie wahrscheinlich es ist, dass die berufliche Tätigkeit stark oder sogar sehr stark von Technologie geprägt ist. Hierbei unterscheidet die Grafik zwischen Mann und Frau und ist zusätzlich in Voll- und Teilzeit eingeteilt. Als Quelle dienen Analysen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung. 

Die Wahrscheinlichkeit, mit vernetzenden Technologien zu arbeiten, ist für Vollzeitkräfte deutlich höher als für Teilzeitbeschäftigte – sowohl bei Frauen als auch Männern. Zu den vernetzenden Technologien gehören beispielsweise E-Mail-Programme, Cloud-Dienste oder Online-Plattformen. Während mehr als 50 Prozent der in Vollzeit arbeitenden Frauen vernetzende Technologien verwenden, nutzen weniger als 40 Prozent der Frauen die gleichen Technologien, wenn sie in Teilzeit beschäftigt sind. Eine vergleichbare Entwicklung gilt auch für Männer, wobei die Verbreitung der Technologien insgesamt immer höher liegt als bei den Frauen. Die insgesamt geringe Nutzung führt auch dazu, dass sich Frauen in Teilzeit schlechter auf den Umgang mit vernetzten digitalen Technologien vorbereitet fühlen (vgl. Lott 2023). 

Förderung in der Schulzeit beginnen und im Arbeitsleben ausbauen

Damit die Potenziale des digitalen Wandels genutzt und der Digital Gender Gap verringert werden kann, muss die Förderung – insbesondere von Mädchen – schon in der Schulzeit beginnen. Denn wie die Studie von Eickelmann et. al (2019) zeigt, haben Mädchen in der 8. Klasse signifikant bessere IT-Kompetenzen als Jungen. Durch geeignete Mentoringprogramme und praxisnahe Heranführung könnten ihre digitalen Kompetenzen bereits in dieser Phase gestärkt werden. Damit würde man mehr Mädchen ermöglichen, beim Einstieg ins Arbeitsleben auf digitale Kompetenzen zurückgreifen zu können und vielleicht einen Digitalisierungsberuf zu ergreifen (IW 2023: 3).

Frauen, die bereits im Arbeitsleben stehen, können durch gezielte Weiterbildungen in ihrem Erwerb von spezialisierten IT-Kenntnissen unterstützt werden, sodass einerseits die berufliche Entwicklung der Frauen gefördert und andererseits der Fachkräftemangel bekämpft wird.

Einen Überblick über die Weiterbildungslandschaft in Deutschland finden Sie im Artikel Weiterbildungslandschaft in Deutschland – Die wichtigsten Förderprogramme und ihre Zielgruppen.

Datenbasis

  • Die Daten basieren auf Analysen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung (siehe Lott 2023). Ausgewertet wurde die Welle 2019/2020 der 6. Startkohorte des Nationalen Bildungspanels. Das Nationale Bildungspanel ist eine repräsentative Zufallsstichprobe der Wohnbevölkerung in Deutschland und wird vom Leibnitz-Institut für Bildungsverläufe durchgeführt. Für diese Auswertung wurden die Angaben von abhängig Beschäftigten ausgewertet – mit Fallzahlen zwischen 3.941 und 4.759 für die unterschiedlichen Items. Weitere Informationen zu den verwendeten Items und den Fallzahlen finden Sie hier.