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Handlungsfeld: Lebenslanges Lernen als Zukunftsfaktor

Um Beschäftigte wie Betriebe für die Arbeitswelt der Zukunft gut aufzustellen, spielt lebenslanges Lernen in all seinen Facetten eine zentrale Rolle. Den Grundstein dafür legen die allgemeinbildenden Schulen. Im Anschluss hat sich die duale Erstausbildung bewährt, um junge Menschen auf die Anforderungen einer Arbeitswelt im Wandel vorzubereiten. Und schließlich braucht es tragfähige Strukturen zur Förderung von beruflicher Weiterbildung innerhalb der Betriebe und darüber hinaus. Betriebe und Beschäftigte nehmen ihre Aufgabe der Weiterbildung bereits umfangreich wahr. Zukünftig muss das Verständnis von Weiterbildung als Investition jedoch noch weiter verbreitet werden. Der Staat hat verstärkt weiterbildungsförderliche Rahmenbedingungen geschaffen, um Betriebe und Beschäftigte zu unterstützen. Auf dieser Grundlage sollten weitere Verbesserungen zur Förderung von Weiterbildung angestoßen werden.

Wesentliche Handlungsbedarfe

  • Unterstützung für Betriebe und Beschäftigte, um:
    • frühzeitig aufzeigen, wie diese von Veränderungen betroffen sind.
    • ihre Um- oder Neuorientierung fundiert zu begleiten.
    • Möglichkeiten für bedarfsgerechte Weiterbildungsaktivitäten zu eröffnen.
  • Stärkung des Betriebs als Lernort für einen niedrigschwelligen Kompetenzaufbau im Arbeitskontext.
  • Verbesserung der Transparenz im komplexen deutschen Weiterbildungssystem.
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Statements

  • „Weiterbildung ist ein zentraler Hebel, um Beschäftigte im Wandel der Arbeitswelt zu unterstützen. Damit alle Gruppen Zugang zu einer entsprechenden Förderung haben, empfehlen wir, die Altersgrenze beim BAföG für das Nachholen von beruflichen Abschlüssen deutlich anzuheben.“
    Sabine Pfeiffer

    Sabine Pfeiffer

  • „Betriebsräte arbeiten aktiv dafür, den Betrieb als einen Ort des Lernens zu gestalten. Um die Rolle der Betriebsräte bei Fragen zu Weiterbildung zu stärken, sollte ein Initiativrecht der Betriebsräte zu Maßnahmen der betrieblichen Weiterbildung geprüft werden.“
    Sinischa Horvath

    Sinischa Horvath

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Empfehlungen

  • Schülerinnen und Schüler deutscher Schulen landen bei internationalen Studien zu zentralen Kompetenzen insgesamt nur im Mittelfeld – dabei erreicht ein erheblicher Anteil der Schülerinnen und Schüler nicht das Mindestniveau. Erfolgreiches lebenslanges Lernen baut jedoch auf diesen Grundvoraussetzungen auf. Alle Schülerinnen und Schüler sollten diese grundlegenden Kompetenzen unabhängig von ihrem sozialen oder ökonomischen Hintergrund in der Schule erwerben können.

  • Der Übergangsbereich zwischen Schule und Ausbildung ist derzeit zu unübersichtlich und sollte in seiner aktuellen Form einer Gesamtevaluation unterzogen werden, um die Wirksamkeit der verschiedenen Angebote zu untersuchen. Die Weiterentwicklung des Übergangssystems sollte vor allem die bestehenden wirksamen Maßnahmen stärken und die Bedarfe der Zielgruppen im Blick haben. Übergreifende Prinzipien sollten weiterhin die Option des Nachholens von Schulabschlüssen sowie die enge Ankopplung der Maßnahmen an die betriebliche Arbeitswelt sein. So sollten betriebsnahe Maßnahmen bei den Ausbildungsbetrieben bekannter gemacht werden. Neue oder weiterentwickelte Maßnahmen sollten wiederum von Beginn an wissenschaftlich evaluiert werden.

  • Die duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell, das erheblich zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands beiträgt. Durch regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen der Ausbildungsverordnungen bleibt das System dynamisch und zukunftsfähig. Die größte langfristige Herausforderung für den Ausbildungsmarkt ist der zunehmende Mismatch zwischen den Präferenzen der Ausbildungsbewerberinnen und -bewerbern und den offenen Stellen der Ausbildungsbetriebe. Aktuell droht als Folge der Covid-19-Pandemie zusätzlich sowohl ein Rückzug der Betriebe als auch der Bewerberinnen und Bewerber aus dem Ausbildungsmarkt.

    Junge Menschen wissen oftmals nicht, welche beruflichen Möglichkeiten mit einer dualen Ausbildung verbunden sind: vom erfolgreichen Berufseinstieg bis hin zu langfristigen Karriere- und Verdienstchancen. Um diese Möglichkeiten erfolgreich zu vermitteln, sollte die Berufsorientierung in den Schulen weiter gestärkt werden. Mit Blick auf den zunehmenden Mismatch auf dem Ausbildungsmarkt liegt ein wesentlicher Hebel darin, die Tarifbindung zu stärken, Ausbildungs- sowie längerfristige Arbeits- und Entlohnungsbedingungen zu verbessern und die Berufsfelder entsprechend aufzuwerten.

  • Weiterhin gilt es, die Ausbildungsbedingungen in den Betrieben zu verbessern, unter Berücksichtigung der Voraussetzungen vor allem kleinerer Ausbildungsbetriebe. Zentrale Anknüpfungspunkte hierfür sind eine verbesserte Ausstattung in der überbetrieblichen Ausbildung sowie eine Ausweitung der Verbundausbildung und Lernort-Kooperationen. Zudem sollte ein besonderes Augenmerk auf der Qualifizierung von Ausbilderinnen und Ausbildern sowie von Praxisanleiterinnen und Praxisanleitern liegen.

    Um für die Zukunft gerüstet zu sein, sollten so viele Betriebe wie möglich selbst ausbilden. Dafür sollten zunächst die Sozialpartner innerhalb der verschiedenen Branchen an Lösungen für eine Stärkung des Ausbildungsplatzangebots arbeiten. In Branchen, in denen die sozialpartnerschaftlichen Strukturen nicht ausreichend ausgeprägt sind, sollte der Gesetzgeber prüfen, wie Unternehmen, die sich aus Kostengründen zurzeit nicht an Ausbildung beteiligen zum Ausbildungsplatzangebot beitragen können. Schließlich müssen die Voraussetzungen an den beruflichen Schulen beziehungsweise für den schulischen Teil der Ausbildung und in den überbetrieblichen Bildungsstätten verbessert werden.

  • Lernförderliche Arbeitsgestaltung spielt eine entscheidende Rolle für einen möglichst niedrigschwelligen und gewinnbringenden Kompetenzaufbau im Betrieb. Wesentlich für eine solche lernförderliche Arbeitsgestaltung sind unter anderem eine ausreichende Anforderungsvielfalt und entsprechende Handlungsspielräume für die Beschäftigten in ihren Arbeitsprozessen sowie die Beteiligung von Beschäftigten und ihren Interessensvertretungen an der Gestaltung betrieblicher Weiterbildung.

    In diesem Zusammenhang sollte die Zusammenfassung der bisherigen Mitbestimmungs- und Initiativrechte der Betriebsräte zu einem generellen Initiativrecht der Betriebsräte bei der Ein- und Durchführung der betrieblichen Weiterbildung geprüft werden. Um insbesondere Gruppen zu erreichen, die im Weiterbildungsgeschehen unterrepräsentiert sind, sollten erfolgreiche Ansätze einer niedrigschwelligen Ansprache und Aktivierung im Betrieb, wie zum Beispiel betriebliche Lernmentorinnen und -mentoren, gestärkt werden.

  • Staatliche Aktivitäten zur Förderung von Weiterbildung richten sich zunehmend an diejenigen Gruppen, die am stärksten durch die Transformation der Arbeitswelt betroffen sind. Vor allem die Förderung abschlussbezogener Weiterbildungen sowie die verstärkten Bemühungen, Beschäftigte präventiv für Neu- oder Umqualifizierungen zu gewinnen, bewertet der Rat positiv. Für die Bewältigung zukünftiger Transformationsprozesse müssen Beschäftigten wie Arbeitslosen darüber hinaus jedoch weitere Möglichkeiten eröffnet werden, sich neu- oder weiter zu qualifizieren. Auch dann, wenn sie bereits gut qualifiziert sind.

    Der Fokus finanzieller Förderung sollte auf den Gruppen liegen, die seltener durch Weiterbildung erreicht werden oder deren Voraussetzungen den Aufbau von Kompetenzen durch Weiterbildung erschweren. Finanzielle Zuschüsse sowie Ansätze zur Beratung und Begleitung im Orientierungs- und Qualifizierungsprozess sind zentrale Hebel, um diese Zielgruppen zu erreichen. In diesem Zusammenhang ist neben den bestehenden Strukturen und Angeboten zur Weiterbildungsberatung die flächendeckende Einführung einer lebensbegleitenden Berufsberatung in den Agenturen für Arbeit hervorzuheben. Es bleibt jedoch zu prüfen, inwiefern die Umsetzung erfolgreich ist.

  • Weiterbildung wird in Deutschland grundsätzlich zielgruppenorientiert gefördert – die Arbeitsförderung im SBG III sowie BAföG und AFBG sind dafür zentrale Bausteine. Um darüber hinaus breiteren Gruppen Zugang zu einer Förderung zu ermöglichen, sollte die Altersgrenze im BAföG für das Nachholen allgemeinbildender oder beruflicher Abschlüsse deutlich angehoben werden. Ergänzend hierzu kann eine Bildungsteilzeit nach österreichischem Vorbild im Rahmen von Pilotprojekten getestet werden.

    Ein besonderes Augenmerk gilt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Kurzarbeit, um transformationsbedingte Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Hier sollte die Arbeitsmarktpolitik in enger Abstimmung mit den Tarifparteien Modellprojekte auf den Weg bringen und diese wissenschaftlich begleiten lassen. Des Weiteren sollte die investive Arbeitsmarktpolitik weiter ausgebaut werden. Der Vorrang einer Berufsausbildung vor einer Vermittlung in Beschäftigung nach Vorbild des SGB III sollte auch im SGB II festgeschrieben werden. Die finanzielle Unterstützung von Arbeitslosen während einer solchen Berufsausbildung sollte in Ergänzung zu Arbeitslosengeld I bzw. II durch einen Aufstockungsbetrag erhöht sowie die Förderdauer bei Umschulungen auf drei Jahre verlängert werden. In diesem Kontext sollte auch die Einrichtung eines in Österreich bereits möglichen Fachkräftestipendiums für eine Weiterbildung in Mangelberufen geprüft werden.

  • Das bestehende Weiterbildungssystem ist gekennzeichnet durch eine plurale Struktur von Trägern und Anbietern. Dies garantiert einerseits ein vielfältiges Angebot, beschränkt aber andererseits die Transparenz mit Blick auf Inhalte und Qualität der einzelnen Angebote. Für eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung dieses bestehenden Systems sollten Strukturen geschafften werden, die sich eng am tripartistischen Ansatz orientieren. Regionale Gremien vernetzen die Akteure vor Ort. Auf nationaler Ebene bietet die nationale Weiterbildungsstrategie einen guten Ausgangspunkt, die Arbeit zu institutionalisieren und zu intensivieren. Um eine tragfähige Angebotsstruktur zu entwickeln und einen Wildwuchs kleinteiliger Fortbildungsmodule zu vermeiden, sollten Standards für Bildungsmaßnahmen mit arbeitsmarktlich relevanten Zertifizierungen entwickelt und in öffentlichen Strukturen nachgehalten werden.

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Infografiken

  • Entwicklung der Anfängerinnen und Anfänger einer Berufsausbildung im dualen System nach BBiG beziehungsweise eines Studiums im Vergleich
  • Unterstützungsbedarfe und Nutzung bestehender Unterstützungsangebote durch die Betriebe
  • Wesentliche staatliche Initiativen zur Förderung von Weiterbildung in der aktuellen Legislaturperiode
  • Die Teilnahme an berufsbezogener Weiterbildung variiert nach Qualifikation und Alter
  • Jährliche Eintritte Beschäftigter in geförderte Weiterbildung im Rechtskreis des SGB III
  • Jährliche Eintritte in geförderte Weiterbildung in den Rechtskreisen des SGB II und des SGB III
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