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Handlungsfeld: Der Betrieb als sozialer Ort

Betriebe sind nicht nur Orte der Wertschöpfung. Sie sind auch geprägt vom sozialen Miteinander der Beschäftigten und erfüllen wichtige gesellschaftliche Funktionen. Angesichts langfristiger Megatrends wie der Digitalisierung oder der Globalisierung sowie der während der Corona-Krise zugenommenen ortsflexiblen Arbeit wird die Bedeutung des Betriebs als sozialer Ort jedoch tendenziell infrage gestellt. Gleichzeitig sind in der Covid-19-Pandemie die Risiken und Einschränkungen einer stärker digitalisierten und ortsflexiblen Arbeitsweise deutlicher zutage getreten: Eine zunehmende Entgrenzung der Lebensbereiche im Homeoffice kann das Risiko von Überlastungen steigern, der erschwerte Austausch zwischen Beschäftigen zu einem Erodieren der gesellschaftlichen Integrationsfunktionen und des Innovationspotenzials von Betrieben führen.

Vor dem Hintergrund der Entwicklung seit dem Herbst 2021 hat der Rat seine Empfehlungen in einem Positionspapier aufgegriffen, reflektiert und ergänzt.

Wesentliche Handlungsbedarfe

  • Den Betrieb als sozialen Ort durch einen Mix von Homeoffice und Präsenzarbeit auch in Zukunft erhalten
  • Technische, organisatorische und rechtliche Voraussetzungen für ortsflexibles Arbeiten schaffen
  • Arbeits- und Gesundheitsschutz unter Einbezug aller relevanten Akteurinnen und Akteure ausgestalten
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Statements

  • „Wir sollten die in der Krise gesammelten Erfahrungen nachhaltig nutzen und in die Gestaltung einer gesunden Arbeitswelt von morgen einfließen lassen. Der Arbeitsschutz ist differenziert weiterzuentwickeln, etwa durch erweiterte Angebote für Klein- und Kleinstunternehmen und personenbezogene Dienstleistungen; die digitale Arbeit, auch im Homeoffice, ist hinsichtlich Standards guter Arbeit konsequenter zu gestalten.“
    Isabel Rothe

    Isabel Rothe

  • „Dank der guten Zusammenarbeit der Sozialpartner konnte flexibel, kreativ und damit schnell gehandelt werden. Das zeigt: Wir brauchen auch in Zukunft solche gemeinsamen Entscheidungswege, um zum Ziel zu kommen. Sie sind ein entscheidender Erfolgsfaktor.“
    Mathias Möreke

    Mathias Möreke

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Empfehlungen

  • In der Covid-19-Pandemie hat der Arbeits- und Gesundheitsschutz eine hohe Sichtbarkeit auf allen betrieblichen Ebenen und eine breite Beteiligung vielfältiger Akteurinnen und Akteure erlangt. Angemessene Schutzstandards mussten zügig entwickelt und immer wieder mussten bestehende Maßnahmen an den aktuellen Wissensstand sowie ein dynamisches Infektionsgeschehen angepasst werden. Die konkrete Umsetzung vielfältiger Schutzmaßnahmen erforderte ein hohes Engagement aller betrieblichen Akteurinnen und Akteure. Diese Erfahrungen in der Covid-19-Pandemie sollten genutzt werden, um den betrieblichen Arbeitsschutz noch konsequenter auf den Wandel der Arbeit auszurichten und passgenau weiterzuentwickeln. Dies sollte idealerweise in kooperativer Zusammenarbeit aller relevanten betrieblichen Akteurinnen und Akteure erfolgen. Auch für die Zeit nach der Covid-19-Pandemie sieht der Rat daher im sozialpartnerschaftlichen Zusammenwirken eine wichtige Stütze für eine positive Entwicklung der betrieblichen Arbeitswelt in Deutschland.

    Um den Arbeits- und Gesundheitsschutz überall zu gewährleisten, empfiehlt der Rat zudem, differenzierte und passgenaue Instrumente und Konzepte für Klein- und Kleinstbetriebe ohne formelle Strukturen und mit bislang unzureichender arbeitsmedizinischer sowie sicherheitstechnischer Betreuung auszubauen. Des Weiteren sind die Wissengrundlagen für die hohe Diversität unterschiedlicher Arbeitsformen stetig weiterzuentwickeln, um auch künftig angemessene Standards guter Arbeit vorhalten zu können.

  • Bei häufigerer Arbeit im Homeoffice ist die Einrichtung eines ergonomischen Arbeitsplatzes nach Arbeitsstättenverordnung empfehlenswert. Aber auch bei mobil arbeitenden Beschäftigten sollten ergonomische Fragen berücksichtigt und eine adäquate technische Ausstattung geschaffen werden. Generell ist zu prüfen, inwieweit mobiles Arbeiten im Allgemeinen sowie Homeoffice im Speziellen in den Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung aufgenommen werden können. Zudem darf die mit mobiler Arbeit einhergehende zunehmende Verfügbarkeit digitaler Daten nicht zu inakzeptablen Leistungs- und Verhaltenskontrollen durch die Arbeitgeber führen. Der Rat empfiehlt zu den genannten Punkten die Vereinbarung klarer Regeln beispielsweise in Form von Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.

  • Mobiles Arbeiten birgt die Gefahr einer wachsenden Entgrenzung zwischen Arbeitszeit und Freizeit – und damit einhergehende gesundheitliche Folgen. Die Einhaltung arbeitszeitlicher Standards ist maßgeblich dafür, der Entgrenzung und Überlastung der Beschäftigten insbesondere auch bei der Arbeit von zu Hause vorzubeugen. Dementsprechend kommt der Arbeitszeiterfassung eine wichtige Funktion zu, um Mehr- bzw. Überbelastungen rechtzeitig erkennen und ihnen entgegenwirken zu können. Der Rat weist in diesem Kontext darauf hin, dass die 2019 vom Europäischen Gerichtshof geforderte Arbeitszeiterfassung selbstverständlich auch für mobile Arbeit oder Arbeit im Homeoffice gilt. Hierzu ist nach Ansicht des Rates eine Umsetzung durch den Gesetzgeber überfällig.

  • Der Rat begrüßt es grundsätzlich, dass Beschäftigten, wo betriebliche Abläufe dies erlauben und Beschäftigte es wünschen, das Arbeiten aus dem Homeoffice erlaubt wird. Gleichsam stellt er fest, dass ein permanentes Arbeiten im Homeoffice, wie es in den letzten Monaten in vielen Fällen die Regel war, eine pandemiebedingte und damit befristete Ausnahme darstellen sollte. Denn das zunehmende Arbeiten im Homeoffice bedeutet für die Beschäftigten, dass unter Umständen die Kommunikation und die Ansprache von Kolleginnen und Kollegen sowie von Führungskräften erschwert wird. Darunter kann wiederum das betriebliche Miteinander und die Bindung an den Betrieb leiden. Dort, wo ortsflexibles Arbeiten betrieblich umsetzbar ist, empfiehlt der Rat daher einen gesunden Mix aus Präsenzbetrieb und ortsflexiblem Arbeiten. Dabei sollte die Zahl der betrieblichen Arbeitsplätze nicht unangemessen reduziert werden, um sowohl ein Mehr an Flexibilitätssouveränität als auch die betriebliche Anbindung der Beschäftigten zu gewährleisten.

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